Wer hat Angst vorm schwarzen Mann
Wenn ich also nicht grad in der Prärie zu Hause war, wuchs ich in einer kleinen behaglichen Zechenhaus-Siedlung auf. Dort musste man um zu meiner Straße zu gelangen noch einen Torbogen passieren, hinter dem von mir aus gesehen, unser Besuch immer hinterm Horizont verschwand. Ihnen nachzuschauen oder sich noch einmal umzudrehen und zu winken, wenn ich diesen Weg selbst bestritt, war Tradition.
Das Leben in diesem Goldfischglas war also überschaubar und friedvoll. Dort stieß ich mit vier Jahren auf der Geburtstagsparty eines Nachbarn auch auf meine beste Freundin, die in einem Haus hinter dem Torbogen wohnte.
Doch es gab einen Mann um den sich die mysteriösesten Geschichten woben. Unter anderem sollte er bei der Flucht vor der Polizei angeschossen worden sein und die Kugel bis heute noch neben seinem Herzen tragen. Jeden Tag ging er um die gleiche Zeit spazieren, setzte sich auf eine Mauer und beobachtete das Treiben. Eines sonnigen Tages spielte ich mit meiner Freundin unter einer großen Trauerweide, nicht weit von unseren Häusern entfernt, bis plötzlich dieser unheimliche Mann neben uns stand und fragte, ob wir nicht Lust hätten gemeinsam mit ihm spazieren zu gehen. Etwas erschrocken und starr vor Angst, hörten wir uns seinen Vorschlag noch einmal an, bis wir uns endlich wieder rühren konnten und weg liefen. Oh je, jetzt hatte er uns also auch schon in seinem Visier. Schnell erzählten wir es unseren Eltern, die zwar etwas besorgt schienen, aber sich nicht wirklich was davon annahmen. Also blieb es an uns der Sache auf den Grund zu gehen. Ausgestattet mit einem Notizbuch, Fotoapperat, Walkie Talkies und gehörig weichen Knien, stiegen wir ihm nach und richteten uns einen Überwachungspunkt ein. Immer wieder folgten wir seiner Spur und befragten unsere Nachbarn. Doch mehr als ein Schulterzucken oder einen erschrockenen Blick, konnten wir den Leuten nie entlocken. So fanden sich unsere Bemühungen bald in einer Sackkasse wieder und uns blieb nichts anderes übrig als die gesammelten Beweise in einem Loch unter einer Garage zu vergraben.
Einen weiteren Vorfall, gab es seit diesem Tag nicht mehr und man lebte weiterhin nebeneinander her. Trotzdem läuft mir heute noch ein Schauer über den Rücken, wenn ich diesen Mann gelegentlich sehe.
bizarresse am 28. September 11
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